Salonspeisewagen Sal R 4ü-37
Wagennummern: 10 241 Bln bis 10 244 Bln
Unter den dreizehn Wagen des "Dienstzuges 1937" befanden sich auch zwei reine Speisewagen, deren Erscheinung auf den
ersten Blick sehr stark an die neueste Mitropa-Bauart erinnert. Anders als diese entsprachen die Salonwagen jedoch der
Schürzenwagen-Bauart - eine Bauform, die bei der Mitropa erst im Jahr 1939 Einzug halten sollte. Nichts desto trotz ist
die Verwandtschaft nicht zu verleugnen: Küche, Anrichte, Büfett und die beiden Speiseräume waren in ihren
Dimensionen nahezu identisch ausgeführt worden.
Unterschiede stechen vor allem bei der Gestaltung des Fensterbandes im Bereich von Küche und Anrichte ins Auge, statt der
drei schmalen Fenster bei jedem der beiden Räume kamen jeweils zwei etwas breitere Exemplare zur Anwendung. Auf der
Gangseite fällt zudem das um 200 mm schlankere Fenster des Büfetts auf. Weniger auffällig und dennoch
erwähnenswert ist die Tatsache, daß die Fenster gegenüber den Mitropa-Fahrzeugen höher ausfielen, da man
sich bei deren Gestaltung an den anderen Salonwagen orientierte. Ein anderes Bild ergibt sich dagegen bei der Verwendung der
Glaslamellenlüfter bei allen äußeren Fenstern der Speiseräume, denn dieses Detail war seinerzeit auch bei
den Mitropa-WR noch üblich (das änderte sich erst 1938).
Die meisten Abweichungen in Bezug auf die Inneneinrichtung ergeben sich aus dem speziellen Verwendungszweck der Fahrzeuge,
genannt seien hier die hochwertigeren Furnier-Hölzer, die (nicht ausschließlich) indirekte Beleuchtung und die
Möblierung. Am interessantesten sind dabei zweifelsohne die frei beweglichen Tische und Stühle, mit denen ohne
größere Probleme sowohl eine Mitropa-typische Aufstellung mit Einzeltischen als auch die Anordnung einer langen
Tafel realisiert werden konnte. Um letzteres zu erreichen, ließ sich die Trennwand zwischen den Speiseräumen an die
Seitenwände klappen bzw. ganz entfernen.
Im Jahr 1938 wurde die Speisewagenflotte der Regierungszüge um zwei weitere Exemplare ergänzt, wobei sich nur kleine
Änderungen zu den ein Jahr zuvor gelieferten Wagen ergaben, weswegen die als 10 243 Bln und 10 244 Bln
bezeichneten Fahrzeuge ebenfalls der Gattung "Sal R 4ü-37" angehören (für beide kursieren
allerdings fälschlicherweise auch die Bezeichnungen "Sal R 4ü-38" und
"Sdr R 4ü-38"). Unterschiede ergaben sich bei den Seitenschürzen und eventuell auch bei den
Schlußsignalhaltern.
Konstruktion und Bau dieser Fahrzeuge oblagen den beiden Kasseler Waggonbaufabriken Wegmann & Co. sowie Gebrüder
Credé, die zugleich als Stammlieferanten für die 'echten' Salonwagen fungierten. Während die Wagen
10 241 Bln und 10 243 Bln von Wegmann geliefert wurden, entstanden 10 242 Bln und
10 244 Bln bei Credé in Kassel-Niederzwehren (mit marginalen Abweichungen im Grundriß).
Verwendung und Umbauten bis 1945
Nach Auslieferung wurden die ersten beiden Wagen Göring und Hitler zugeteilt, wobei der 10 241 Bln im Zug
Görings zum Einsatz kam. Und auch die beiden ein Jahr später gelieferten Fahrzeuge wurden offiziell diesen beiden
Personen zugeordnet, wobei Göring wiederum den Wegmann-Wagen erhielt (also 10 243 Bln). Wie genau dabei die
Zugbildung aussah, läßt sich nicht genau sagen, Fakt ist jedoch, daß in beiden Hauptzügen ab etwa 1938/39
ein zweiter Speisewagen mitgeführt wurde, wobei allerdings ausschließlich Aufstellungen bekannt sind, bei denen
dieser zweite WR durch einen Mitropa-Speisewagen besetzt war. Vermutlich wurden die beiden nicht verwendeten Wagen als Reserve
in Berlin abgestellt. Mit ziemlicher Sicherheit avancierte der 10 243 Bln dabei zum Stammwagen des Hauptzuges von
Göring, das lassen zumindest einige Zug- Aufstellungen aus der Zeit 1939/40 vermuten.
Eine erste Veränderung an dieser Situation ergab sich nach der Einstellung des neuen Speisewagens
Sdr R 6ü-40, 10 245 Bln in den Zug Hitlers (etwa Mitte 1941). Mit dieser Maßnahme wurde der
bis dato im Zug stehende Wagen (vermutlich 10 242 Bln) ausgesetzt und verblieb forthin als Reserve-Fahrzeug in Berlin.
Ein weiterer Einschnitt in die Verwendung der vier Sal R 4ü-37 zeichnete sich bereits im Oktober 1940 ab.
Während der Übergabe des 10 215 Bln an Göring wurde der Wunsch geäußert, den zu diesem
Zeitpunkt im Raw Potsdam befindlichen 10 241 Bln mit einer elektrischen Küche ausrüsten zu lassen, da sich
der Rauch des Kohleherdes vor allem bei Unterbringung des Zuges in Tunneln unangenehm bemerkbar machte. Anschließend
sollte der damals in den Göring-Zug "Asien" eingestellte 10 243 Bln in gleicher Weise hergerichtet
werden. Neben dem Austausch des Herds mußte dafür auch vollkommen neues Kochgeschirr aus Chromargan beschafft werden.
Die vorgeschlagene Maßnahme wurde auch zügig bewilligt, offen ist jedoch, wann der Umbau des 10 241 Bln
tatsächlich erfolgte. In einem Mitte Januar 1941 erstellten Brief wird neben der Anregung zur Beschaffung elektrischer
Küchen für die beiden Speisewagen 10 242 Bln und 10 244 Bln beiläufig auch erwähnt,
daß der Umbau des 10 241 Bln bereits im Gange ist. Anderseits wird im Juli gleichen Jahres die Möglichkeit
sondiert, während des Einbaus der elektrischen Küche gleich noch eine neue Kältemaschine (gleicher Bauart wie im
10 215 Bln) zu installieren. Im Oktober wird dann mitgeteilt, daß der neue Herd bereits seit längerer Zeit
eingebaut ist und man noch Probleme bei der Beschaffung des neuen Kochgeschirrs habe (Stichwort Kriegswichtigkeit und
Kupferanteil). Das Ansinnen bzgl. der Kältemaschine wurde letztendlich verworfen, da die Lieferzeit von sechs bis acht
Monaten den Zeitrahmen des Umbaus gesprengt hätte. Ende Dezember 1941 findet schließlich eine Probefahrt des
fertiggestellten 10 241 Bln zusammen mit den Wagen 105 065 Bln, 105 636 Bln und
105 060 Bln statt, bei der gleichzeitig auch die (indirekte) Beleuchtung auf Herz und Nieren zu prüfen war, denn
auch hier hatte man Änderungen vorgenommen: die Glühlampen in den Dachwuten waren nach aufwendiger Neuverkabelung
durch Leuchtstoffröhren ersetzt worden, um die Wärmeentwicklung zu reduzieren. Daneben wurden noch einige kleinere
Änderungen vorgenommen, die den Rahmen dieser Seite etwas sprengen würden.
Der 10 241 Bln ersetzte anschließend den 10 243 Bln im Zug "Asien", welcher von nun an als
Reserve für den 10 241 Bln diente und anders als ursprünglich geplant (s.o.) keine elektrische Küche
mehr bekam, da Hitler am 21.08.1941 entschieden hatte, vorerst keine weiteren Speisewagen mehr umrüsten zu lassen. Von
dieser Entscheidung waren natürlich auch die beiden anderen Wagen betroffen (einen Monat zuvor war noch der Auftrag
für den ersten der beiden Wagen ergangen).
Anfang Juni 1942 gibt es ein klares Bild bei der Verteilung der Wagen: 10 241 Bln fand sich nach wie vor im Zug
"Asien", während die anderen drei Wagen als Reserve für ihn und den im Zug "Amerika" befindlichen
10 245 Bln abgestellt waren. Diesen Umstand zum Anlaß nehmend, versuchte die Rbd Berlin Vorbereitungen zum
Einbau von Leuchtstoffröhren in die drei Reserve-Wagen in die Wege zu leiten, was jedoch an der fehlenden
Dringlichkeitsbescheinigung scheiterte. An dieser Situation sollte sich bis Kriegsende auch nichts grundlegendes mehr
ändern, die drei Wagen erhielten bis dahin weder elektrische Küchen noch eine Beleuchtungsanlage mit
Leuchtstoffröhren.
Im weiteren Verlauf des Jahres 1942 wurde der 10 242 Bln schließlich weitgehend aus den Reserve-Diensten
entlassen und stand spätestens ab diesem Zeitpunkt auch für Sonderzüge aus Anlaß von Staatsbesuchen
(z. B. für Ehrengeleit-Fahrten) zur Verfügung. Vom hierfür zuständigen Auswärtigen Amt wurde
daraufhin im Januar 1943 angeregt, den kleinen Speiseraum (am Wagenende) zum Gesellschaftsraum herrichten zu lassen, in dem die
Zeit bis zum Eintreffen der Staatsgäste in angenehmer Weise überbrückt werden konnte. Um dieses Ziel zu
erreichen, mußten keine größeren Eingriffe erfolgen, da die Umgestaltung hauptsächlich über eine
neue Möblierung erreicht werden sollte: So hielten vier Sessel, drei kleinere runde Tische sowie zwei kleine einsteckbare
Konsolentische Einzug, denen später noch zwei weitere Sessel folgen sollten. Als Ergänzung dienten zudem vier der
sechs im Speisewagen vorhandenen Armlehnenstühle (auch "Präsidentenstühle" genannt). Die neuen
Möbel waren dabei so gestaltet, daß sie notfalls innerhalb einer halben Stunde wieder aus dem Wagen entfernt werden
konnten, um nach wie vor die Möglichkeit zu haben, bei größeren Gesellschaften eine über beide
Speiseräume reichende Tafel aufstellen zu können. Der erste Einsatz des derart hergerichteten 10 242 Bln
erfolgte schließlich Ende April 1943 beim Besuch des slowakischen Staatspräsidenten Dr. Tiso.
Nach diesem Zeitpunkt fehlen jegliche Hinweise zum Einsatz der vier Wagen, auch wenn man davon ausgehen kann, daß die
zuletzt beschriebene Verteilung noch längere Zeit gültig gewesen sein dürfte. Bei Kriegsende befanden sich die
beiden 1937 gebauten Sal R 4ü-37 in der britischen Zone, während die beiden anderen Wagen im
us-amerikanischen Sektor aufgefunden wurden. Während der 10 244 Bln recht frühzeitig zum Bahndienstwagen
Dienst 4ü-38/51, 729 061 Han,
umgewandelt wurde, kamen seine drei Schwesterfahrzeuge unter der Regie von
British Army
(10 241, 10 242) und
US Army (10 243) wieder als Salonwagen ins
Rollen. Alle drei wurden schließlich in den Jahren 1951
(10 241, 10 243)
und 1953 (10 242) an die Deutsche Bundesbahn
rückübertragen.
Weiterführende Links
Die Inneneinrichtung der Wagen
Übersichtsskizzen
Einsätze bei den Alliierten Streitkräften
Der Wagen 10 241 bei der Deutschen Bundesbahn
Der Wagen 10 242 bei der Deutschen Bundesbahn
Der Wagen 10 243 bei der Deutschen Bundesbahn und der DSG
Der Wagen 10 244 bei der Deutschen Bundesbahn
Zur Übersicht der heute noch vorhandenen Neubausalonwagen
Quellenangaben
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Technische Daten
Herstellerwerk |
10 241 Bln, 10 243 Bln |
Wegmann & Co., Kassel |
10 242 Bln, 10 244 Bln |
Gebrüder Credé |
Baujahr |
10 241 Bln, 10 242 Bln |
1937 |
10 243 Bln, 10 244 Bln |
1938 |
Beschafft auf Vertrag |
10 241 Bln, 10 242 Bln |
03.966 / 59.004 |
10 243 Bln, 10 244 Bln |
03.966 / 59.012 |
Eigengewicht |
10 241 Bln, 10 242 Bln |
63,7 t |
10 243 Bln, 10 244 Bln |
63,5 t |
Länge über Puffer |
23.500 mm |
Länge des Wagenkastens (mit Schürzen) |
23.200 mm |
Länge des Wagenkastens (ohne Schürzen) |
22.200 mm |
Drehzapfenabstand |
16.180 mm |
Größte Breite des Wagenkastens |
2.880 mm |
Wagenhöhe über Schienenoberkante |
3.980 mm |
Fußbodenhöhe über Schienenoberkante |
1.260 mm |
Drehgestellbauart |
Görlitz III schwer 4.Federung |
Drehgestellachsstand |
3.600 mm |
Generatorbauart |
10 241 Bln, 10 242 Bln |
Tatzlagergenerator ZOG 180 |
10 243 Bln, 10 244 Bln |
Tatzlagergenerator ZOG 181 |
Bremsbauart |
Kksbr, Hnbr |
Heizungsbauart |
Whzde, Ofen |
Beleuchtung |
Elektrisch |
Schlußsignalhalter |
Aufgesetzt |
Dachlüfter |
Doppelte Wendlerlüfter |
4 Stück |
Kuckuckslüfter |
2 Stück |
Abteile |
Einstiegsräume |
2x |
Ofenraum |
1x |
Speiseraum, klein (Raucher) |
1x |
Speiseraum, groß (Nichtraucher) |
1x |
Büffet |
1x |
Anrichte |
1x |
Küche |
1x |